Rallye-Revival "Liège-Brescia-Liège" 2018 (1)
ein Bericht von Silke Wedekind und Ted Prenzel
Die Idee
Eines Tages, vermutlich war es auf Facebook, stolperten wir über eine Rallye. Mal wieder eine Langstrecken-Rallye, nachdem wir 2016 bei der Baltic Sea Circle gut 9.000 Kilometer rund um die Ostsee gefahren sind, das wäre doch was! Die Rallye Liège–Brescia–Liège – oder kurz LBL – sollte von Lüttich nach Lüttich führen und dabei über viele Alpenpässe zunächst nach Ljubljana, das frühere Laibach, und von dort aus weiter über Brescia zurück nach Lüttich.
Die Rallye wurde 1958 zum ersten Mal gestartet, um den Nachweis der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit kleiner Fahrzeuge zu erbringen, auch damals initiiert durch Engländer. Malcom McKay hatte bereits 2008 die Idee zu einer Neuauflage der LBL-Rallye zum 50-jährigen Jubiläum, und was bot sich da mehr an, als auch das 60-jährige entsprechend zu begehen. Besonderheit der Rallye war die Hubraumbegrenzung der Teilnehmerfahrzeuge auf 500 ccm in der Kategorie „Authentic“ bzw. 700 ccm in der Kategorie „Spirit“. Für uns bedeutete es, dass wir mit der „Kleinen“ – unserer Giardiniera – genau in der Zielgruppe lagen.
Die Vorbereitung
Die Kleine, Baujahr 1975, im Laufe der Rallye bekam sie den Name „Giardi“, ist mit lockeren 27 PS recht potent. Dazu kommen 13“ Räder, hinter denen sich vorne Scheibenbremsen verbergen. Konnte es bessere Voraussetzungen für eine Hatz über die Alpen geben? Neben einer frischen Inspektion, bei der alle Flüssigkeiten gewechselt wurden, haben wir einen Keilriemen und (gebrannte Kinder mit einem anderen Fahrzeug) eine Lichtmaschine eingepackt.
Die Durchführung
Es kam der Tag der Anreise, nach der offiziellen Zählung Tag 1. Wir hatten beschlossen, unserer Kleinen die ca. 320 Kilometer von Frankfurt nach Lüttich und zurück zu ersparen und haben sie deshalb kurzerhand auf einen Trailer gestellt. Die letzten Kilometer ging es dann auf eigener Achse zum Start-Hotel. Und dort standen sie dann: sehr viele Briten, ein paar Österreicher, Deutsche und Franzosen, sogar Amerikaner – mit ihren Klein- bis Kleinstwagen. Berkeley, Isetta, Zündapp Janus, 2 CV, Prinz, Messerschmitt (Siehe Video)... Nachdem wir in der Tiefgarage neben diesen zarten Wesen eingeparkt hatten, kam uns unsere Giardiniera so groß wie ein SUV vor.
Am Tag 2, dem ersten Fahr-Tag, ging es – wie auch an allen folgenden – sehr früh los. Die Tage begannen gegen 6.30 Uhr mit anschließendem Frühstück und dem Start meist zwischen 8.00 und 8.30 Uhr. Versorgt mit einem Lunchpaket blieb auch nicht viel Zeit, wollte man rechtzeitig am Ziel einchecken, meist war das zwischen 18.00 und 18.30 Uhr. Danach folgte das Abendessen, und zwischen 21.00 und 22.00 Uhr startete die Vorbereitung des Folgetages mit dem Übertragen der Route auf das beigestellte Kartenmaterial. Erholungsurlaub sieht anders aus ;-)
Der Weg führte uns über kleine Straßen durch abwechslungsreiche Landschaften zur ersten Sonderprüfung auf die Kartbahn nach Liedolsheim (Siehe Video). Die ersten 400 Kilometer lagen hinter uns. Wir kontrollierten nur den Ölstand, während andere Rallyekollegen viel mehr zu tun hatten.
Tag 3 begann für viele wieder mit Schrauben. Der Anblick eines entblätterten Kabinenrollers führte zu dem entzückten Ausruf einer Britin „Aww, I never saw a naked Tiger before!“. Bei uns gab es nicht viel vorzubereiten, und so waren wir kurz nach 8 Uhr bei den ersten Teams, die wieder auf der Straße waren. Erstes Zwischenziel war das Boxenstopp-Museum in Tübingen. Auf dem Weg dorthin wurde unser Auspuffgeräusch immer lauter. Der Blick in den Motorraum bestätigte die Befürchtung „gerissener Krümmer“ am Freitag den 13.
Aber wir waren ja auf dem Weg in Richtung München, und ein Anruf bei Axel Gerstl brachte die erforderliche Unterstützung. Sogar eine Werkstatt wurde uns benannt, bei der wir uns noch nach 19 Uhr einfinden durften! So konnten wir den Tag mit einer immer lauter werdenden Giardi bis zum Etappenziel, dem BMW-Museum in München, planmäßig absolvieren, ohne Fehlerpunkte zu sammeln.
Sofort ging es unter Verzicht auf das Abendessen weiter zu Young Classics, Vondrovsky Fahrzeug-Service, wo wir von einem sehr netten und kompetenten Team erwartet wurden (Siehe Video 1 und Video 2). Natürlich entschieden wir uns für den Sportauspuff, der innerhalb kürzester Zeit montiert war. Einem anderen Teilnehmer konnten wir noch eine Lichtmaschine mitbringen, und wir fühlten uns gut gerüstet für den nächsten Tag.
Tag 4 – Nach einer ziemlich kurzen Nacht waren wir um 8.15 Uhr wieder auf der Strecke. Entlang des Starnberger Sees ging es nach Seeshaupt, und wir fühlten uns prächtig, bis Silke plötzlich kurz hinter Penzberg beim Schalten vom 2. in den 3. Gang den Schaltstock von Giardi in der Hand hielt. Wir hatte Glück: in knapp 1 Kilometer Entfernung gab es eine geöffnete Werkstatt, die wir schiebend kurz vor Ladenschluss (Samstag!) erreichten. Auto Eberl am Seeshaupter Bahnhof fand eine pragmatische Lösung, indem sie eine Metallstange auf den stehengebliebenen Stumpf schweißten. Keine Concours-Lösung, aber schnell – wir waren wieder im Spiel! Nur 20 Kilometer weiter standen wir schon wieder, dieses Mal konnten wir uns selbst helfen, die Stromversorgung für die elektrische Benzinpumpe war unterbrochen. Anschließend haben wir ohne weitere Störungen noch rechtzeitig das Tagesziel Misurina erreicht.
Tag 5 führte uns über viele kleine und unbekannte Pässe mit vielen Kurven auf wirklich spektakulären Strecken nach Ljubljana. Dort präsentierten wir die Teilnehmerfahrzeuge auf dem Prešeren-Platz, dem zentralen Hauptplatz der Stadt. Hier verfolgten wir dann auch das Endspiel der Fußball-WM.
Nach gut 1.600 Kilometern erwartete uns ein Ruhetag. Unsere Breakdown-Serie schien beendet, Giardi lief wie eine Eins und verbrauchte nicht einmal Öl, nur im Stand, da markierte sie...
Die Fortsetzung folgt hier!