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Meine Fiat-Geschichte

Mein Fiat 500 - eine Geschichte von Martina Diebold

Meine Fiat 500 - eine Geschichte von Martina Diebold
Mein Fiat 500 - eine Geschichte von Martina Diebold


Nach meiner Abi-Feier im April 1981 fuhr ich zusammen mit meinem Geschichte-Lehrer und ein paar Schulkameraden für 10 Tage nach Rom und Florenz. Damals sprach ich schon ein bisschen Italienisch und hatte auch mit meinen Eltern schon den einen oder anderen Urlaub in Italien verbracht und war daher vertraut mit der italienischen Mentalität.

Bei der Studienfahrt nach Rom haben wir natürlich alle Sehenswürdigkeiten besichtigt, die man in Rom gesehen haben musste. Wir waren viel unterwegs mit Bus und zu Fuß und so hatte ich die Gelegenheit, auch die Leute zu beobachten, was mir immer sehr viel Spaß macht. Dadurch hat man auch die Chance, bei genauerer Beobachtung, die Mentalität und die Gewohnheiten der Leute zu studieren.

Dabei sind mir immer wieder junge Frauen aufgefallen, die aus einem – damals auch schon alten - Fiat ausgestiegen sind. Die Vehikel waren, wie es eben in den südlichen Ländern üblich war, verbeult und bei weitem nicht in irgendeiner Weise gepflegt. Das gab mir schon zu denken, denn als Deutscher pflegt man ja sein (wie man in Schwaben sagt) "Heilix Blechle". Als Schulabsolvent hatte man sowieso den Traum, mindestens einen gepflegten, in die Jahre gekommenen Golf zu fahren. Ganz anders die Italiener, ein Auto ist ein Fortbewegungsmittel und in den engen Gassen Roms konnte das Auto nicht klein genug sein. Daher war die Anzahl der Fiat 500 auch dementsprechend hoch.

Mir ist aber immer wieder aufgefallen, dass insbesondere aus den Fiat 500 die tollsten Frauen ausgestiegen sind. Wie sie halt so sind die Italienerinnen: sie haben einen ganz besonderen Chic, nicht angestrengt, sondern eher unaufgeregt. Kurzer Rock, Bluse, hohe Pumps – fertig. Aber alle haben natürlich hocherotische Figuren und die langen, wallenden Haare haben das Erscheinungsbild dementsprechend attraktiv gemacht.

Wir wohnten damals in Rom in der Via dei Pettinari und an der Ecke parkte immer ein weißer „cinque“, gefahren von einer wie oben beschriebenen jungen Dame. Dieses Bild hat sich bei mir ins Hirn eingebrannt und jetzt, nach über 35 Jahren, kann ich dieses Bild noch im Detail beschreiben.

Einige Jahre vergingen, ich habe fleißig weiter die italienische Sprache studiert, bin dann zusammen mit meinem damaligen Freund nach Italien gezogen, genau gesagt nach San Felice Circeo, einem kleinen Dorf genau zwischen Rom und Neapel am Fuß der berühmt-berüchtigten Zauberin Circe, wo sie für alle Ewigkeiten zum Fels erstarrt ist.

Mittlerweile hatte ich es als Hochschulabsolventin zu einem BMW-Baur-Cabrio gebracht. Für deutsche Straßen sicher der Hingucker, für süditalienische Verhältnisse eher ein Hindernis. Man wusste nie, ob nach dem Besuch der Eisdiele das Fahrzeug noch da war oder ob es nicht aufgebrochen wurde, was für einen Italiener ja ein Kinderspiel ist. Um das zu verhindern, schließt man das Auto wohl ab, lässt aber das Handschuhfach offen stehen und legt noch eine italienische Zeitung rein oder eine Supermarktüte oder andere Accessoires, die einen als Italiener gelten lassen.

Auf die Dauer war mir das ganze Prozedere aber zu anstrengend und deshalb habe ich beschlossen, mir einen dieser legendären Fiat 500 zuzulegen. Damals hat man auf den Straßen noch viele Cinque gesehen, aber die zu kaufen stellte sich doch eher als schwierig heraus. Viele Male bin ich die Via Mediana rauf und runtergefahren und habe sämtliche Autohändler abgeklappert. Der erste Fiat, den ich gefunden habe, war wohl billig, aber es hat sich herausgestellt, dass er einen Getriebeschaden hatte. Eines Tages habe ich aber einen Händler gefunden, der sogar zwei Stück auf Lager hatte: Fahrtüchtig! Der rote Fiat sah noch recht gut aus, der orangene eher nicht so, allerdings hatte der noch 9 Monate länger TÜV. Also habe ich mich für den orangenen entschieden, obwohl TÜV in Italien eher marginal bewertet wird. Oft hatte ich aber dann die Wahl bereut.

Meine Fiat 500 - eine Geschichte von Martina Diebold
Vor der Restaurierung


Also, Wagen gekauft, eingestiegen und nach Hause gefahren. Er lief wie eine eins. Und das Fahren hat höllenmäßig Spaß gemacht. Anfangs war es ein bisschen schwierig, da das Getriebe nicht synchronisiert ist und das Herunterschalten großer Übung bedurfte. Insbesondere beim Abbiegen, Blinken, Zwischengas und zusätzlich noch Lenken hat er mir doch einiges abgefordert. Und man sollte nicht glauben, mit was für einem Affenzahn man mit einem Cinque um die Ecke biegen kann.

Zwei Jahre bin ich den Kleinen gefahren, dann wurde ich schwanger und habe daher die Sicherheit meines BMWs bevorzugt. Ein halbes Jahr später sind wir dann nach Deutschland zurück. Meinen geliebten Fiat musste ich zurücklassen, der Mechaniker aus der Firma meines damaligen Freundes hat ihn dann weitergefahren. Das Auto'chen in guten Händen zu wissen, hat mich dann etwas beruhigt, aber nicht in Ruhe gelassen.

Mein Bruder hat dann immer wieder dazu gedrängt, den Fiat zu holen, was mein Freund dann auch gemacht hat. Ganz so einfach war das aber nicht, damals waren die Grenzen ja noch nicht offen. Der Adrenalispiegel vor dem Zoll war dann dementsprechend hoch. Aber es hat alles prima geklappt, obwohl der Kaufvertrag nur aus einem grünen Zettel mit Name des Käufers und Fahrzeugkennzeichen bestand.

Jahrelang stand der Fiat in in einem stillgelegten Gewächshaus (!!!), bevor ich ihn bei meinem Bruder in einer ernstzunehmenden Garage abstellen durfte. Immer wieder haben mir verschiedene Männer versprochen, den Wagen zu restaurieren, aber es blieb halt nur beim Gelaber.

Letztes Jahr (gemeint: 2016), ich weiß nicht welcher Teufel mich da geritten hat, kam mir blitzartig der Gedanke, den Fiat zu restaurieren. Mit einem jungen Mann aus unserer Firma, der Automechaniker gelernt hat, hab ich mal versucht, den Fiat in Gang zu bekommen. Mein Bruder hatte mir in der Zwischenzeit eine nagelneue starke Batterie besorgt (der hat´s irgendwie immer mit den Batterien), ich hatte den Tank schon entrostet und neu versiegelt. Aber außer einem Röhren hat der Fiat nix gemacht. Also habe ich mich auf die Suche nach einem „kompetenten“ Mechaniker gemacht und ihn in der benachbarten Autogarage gefunden. Den Winter über haben wir immer mal wieder klägliche Versuche unternommen, den Fiat in Gang zu kriegen. Aber Pustekuchen, er wollte einfach nicht zum Leben erweckt werden. Wir haben alle Möglichkeiten abgecheckt. Martin hat dann den Vergaser mit nach Hause genommen und im Ultraschallbad gereinigt. Und siehe da, dann hat er erst gespuckt, gehustet, geknallt und dann aber geschnurrt als ob er die letzten 15 Jahre nicht im Dornröschenschlaf verbracht hätte.

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Er wird wieder zum Leben erweckt!


Also laufen tut er jetzt, aber bremsen??? Das wird unsere neue Herausforderung. Und wenn er läuft UND bremst, dann fahre ich ihn den ganzen Sommer auf dem Betriebsgelände, um zu testen, ob er wirklich immer und zuverlässig läuft. Und dann geht es ab für ihn auf die Beautyfarm, Karosserie richten und auch innen bekommt er das eine oder andere neue Teil, wobei ich nach Möglichkeit alles original erhalten möchte. Auch wenn es alt und abgewrackt ist. Aber es ist ORGINAL.

Und noch ein Wort zur Farbe. Das Orange hat mich immer gestört und ich habe lange überlegt, ob ich ihn weiß, schwarz, rot oder sogar pink machen möchte. Daher habe ich ein bisschen recherchiert und dann gesehen, dass die Farbe „giallo positano“ heißt. Das hat mich dann doch beeindruckt, da Positano ja eine der süßesten und romantischsten Städtchen an der Costa Amalfitana ist. Somit war klar, dass die Farbe bleiben wird. Bei meinen weiteren Recherchen habe ich dann festgestellt, dass ich nicht irgendeinen Fiat hab mit einem der Millionen Rundtachos, sondern tatsächlich eine echte Rarität ergattert habe. Mein Fiat, Baujahr 1970 ist ein Sondermodell, nämlich ein „L“ für Lusso= Luxus.

Man hat dieses Modell nur vier Jahre lang gebaut, da der alte Fiat doch zu spartanisch war. Dem „L“ widmete man dann Chromleisten (!!!), besseres Sitze und noch eine bisschen Schnickschnack. Und einen rechteckigen Tacho mit angepasstem Lenkrad für beste Sicht auf den Tacho. Nun war ich absolut einig mit meinem damaligen Kauf, hab ich doch eine echte Rarität erwischt.

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Der kleine Fiat 500 ist zurück!


Hier noch eine kleine Anekdote aus meinen Fiat-Anfängen:

Im süditalienischen Sommer verbringt man die große Hitze am besten am Strand. Ich fuhr entweder mit meinem BMW oder mit dem Golf GTI meines Freundes dort hin. Der Parkplatzwächter war logischerweise immer beeindruckt von den Fahrzeugen, die für süditalienische Verhältnisse doch recht auffallend und stark motorisiert waren. Voller Stolz bin in dann eines Tages mit meinem frisch erstandenen Fiat zum Strand gefahren. Der Strandwächter war sichtlich schockiert, er konnte nicht fassen, dass man von einem Golf oder BMW auf einen Fiat 500 umsteigt. Er ist fast vom Glauben abgefallen und hat mir das mehrfach deutlich gesagt: „come si puo andare da una golf su una cinquecento????" (Übersetzung: "Wie kann man nur von einem Golf zu einem 500er wechseln?")

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