Das Treffen des Fiat 500 Club Italia in Pistoia am 14. und 15.05.2022
Das Treffen des Fiat 500 Club Italia in Pistoia – ein Bericht von unserem Italien-Repräsentanten Amsycora
Freitag 13. Mai, um 20:00 Uhr am Gleis 11 des Münchner Hauptbahnhofes. Denen, die nicht Münchner oder nicht Münchner Italiener sind, sagt das nichts. Aber für uns ist Gleis 11 schon fast Italien, hier sind die Gastarbeiter mit ihren mit Hanfstricken zusammengehaltenen Koffern angekommen, als in den 1960er Jahren der Aufschwung in Deutschland die Menschen aus dem Süden Italiens (aber nicht nur) in den Norden lockte. Sie reisten in eine ungewisse Zukunft, wer konnte schon Deutsch? Selbst korrektes Italienisch, statt des heimischen Dialekts, stellte schon eine Hürde da. Auch ich bin 1982 hier angekommen, aber für mich war das anders, ich bin Deutsch-Italiener, kein Gastarbeiter, spreche Deutsch, bin Dolmetscher. Ebenso begannen die Rückreisen in den Urlaub oder um die Familie zu holen hier. Wer das weiß, der fühlt es noch.
Hier stehe ich nun und warte auf den Nachtzug nach Florenz, von dort geht es weiter nach Pistoia, zu einem Treffen der Mitglieder des Fiat 500 Club Italia, Sektion Pistoia. Massimo Lissa, der Verantwortliche für den Club Italia wird mich abholen.
Am 14. Mai stehe ich nun in Pistoia am übersichtlichen Bahnhof. Lauter Boy-Scouts rotten sich in einer Ecke zusammen. Ich bin über eine Stunde verspätet. Es dauet nicht lang, da kommt er schon. «Wir müssen Dekoration im Restaurant ausladen, der Lieferwagen ist schon da», sagt er und so bin ich sofort dabei und schleppe Blumen, Geschenktüten und weitere seltsame Dinge, die man offensichtlich braucht. Der Besitzer des Restaurants begrüßt mich scherzhaft auf Deutsch, die Kellnerin ebenso. Moment: Was geht hier vor? «Ich habe 17 Jahre eine Pizzeria in Stuttgart gehabt» erklärt der Wirt. «War eine schöne Zeit,» setzt er fort. «Nun mache ich das hier.» Massimo zeigt mir die Innenstadt, er ist stolz – zu Recht, wie ich denke. Pistoia liegt etwas im Schatten des größeren und bekannteren und nur etwa 20 km entfernten Florenz. Dabei ist es ähnlich, nur ohne Touristen. Massimo erklärt mir weiter, dass seine Frau sich weigert, mit ihm in der Stadt spazieren zu gehen, weil er einfach zu oft stehen bleibt, Hände schüttelt und smalltalkt. Das erlebe ich nun auch und kann mir in Ruhe die Stadt ansehen. Ich werde dem halben Stadtrat vorgestellt und erfahre, dass Kommunalwahlkampf ist. Ob mir die Stadt gefällt. «Ja, sehr.» Massimo zeigt mir noch einen geräumigen und schattigen Spielplatz, an dem sich die Abteilung des Fiat 500 Club Italia finanziell beteiligt hat.
Ich habe dann eine kurze Pause im Hotel und gegen Mittag geht es wieder los: Anmeldung der Teilnehmer, die schon am Samstag gekommen sind. Es sind so 40 Autochen mit lauter netten Leuten drin.
Vorne Alberto mit seinem blauen Cinquino, gefolgt von Forrest mit seinem röhrenden 695
Alter schützt nicht vor Leidenschaft für den kleinen Fiat
Ein wunderbarerer Bianchina mit netter Mannschaft
Rot und blitzeblank, so muss es sein
Ich treffe Bekannte aus Florenz. Um 14:30 fahren wir alle zusammen in die Stadt und stellen uns auf der Piazza del Duomo auf.
Wir verlassen den Hotelparkplatz
Der Lärm der unscheinbar wirkenden 500er ist ohrenbetäubend, es wird zusätzlich gehupt, also ob die hochjaulenden Motoren nicht genug wären. So ein 695 klingt schon sehr selbstbewusst. Ob hier jeder Auspuff Recht und Gesetz entspricht? Die Italiener lieben ihren 500, jeder hat da wohl seine Jugenderinnerungen. Also dürfen wir alles.
Dieser Fahrer könnte glatt aus München kommen
Ringo vom Fiat 500 Club Italia aus Florenz
Es ist überraschend zu sehen, wie viele junge Leute mit 20 – 30 Jahren einen "Cinquino" haben und liebevoll pflegen. Der Cinquecento ist ein Oldtimer auch für junge Leute.
Die jungen Leute mit ihrem roten 500er
Am Nachmittag besichtigen wir in Gruppen eingeteilt das Museum für Mittelalterliche Kunst. Dort erklärt uns eine sehr kompetente und begeisterte junge Frau die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Kunstformen im 12. und 13. Jahrhundert. Die "Cinquecentisti" hören artig zu. Die aus dem Baugewerbe beurteilen und kommentieren nebenbei das Mauerwerk: «So was gibt es heute nicht mehr.»
Durch die engen Gassen von Pistoia
Einfahrt in die Piazza del Duomo
Der Helfer, der auch Deutsch spricht
Danach geht es in die Confetteria Corsini, wo – wie der Name schon sagt – die typischen Confetti hergestellt werden. Wir bekommen die großen, kupfernen Kessel, die ein bisschen wie Betonmischmaschinen aussehen, erklärt. Das Verfahren ist wohl kompliziert, obwohl es sich letztlich um einen Zuckerbezug handelt.
Im Verkaufsraum der Confetterie Corsini wird es mir klar: Die Confetti sehen aus wie lauter bunte 500er in einer Cellophantüte! Siehe Beweisfoto.
Mit ähnlichem Getöse verlassen wir den zentralen Platz und begeben uns in das Restaurant, wo ich an der Dekoration beteiligt war, zum Abendessen.
Ich sitze mit Alessandro Vinotti, Vizepräsident vom Fiat 500 Club Italia und Direktor des 39. Garlenda-Treffens, Ringo Ducci, Massimo Lissa und Fabio Grosso am Tisch, respektive Verantwortlicher des Fiat 500 Club Italia für Florenz, Pistoia und Rom Süd mit Vatikan.
Sonntag fahren wir wieder in die Stadt und stellen uns auf dem quadratischen Piazza del Duomo im Quadrat auf. Unter der Loge des Rathauses wird der Tisch für die Anmeldung aufgestellt und es geht zu wie in einem Taubenschlag. Es werden über 150 Autos eingetragen, der Platz ist bis auf eine freie Fläche belegt mit 500ern.
Einige Gäste, Topolino, Duetto Alfa, Fiat 600 Multipla, Fiat 600 sind auch dabei. Die Stimmung ist ausgelassen, man begrüßt alte Freunde und Bekannte. Auf der freigelassenen Fläche treten gegen 11 Uhr die "Sbandieratori della Compagnia dell'Orso" auf.
Die Compagnia dell'orso betritt den Platz
In Pistoia, wie in vielen anderen Städten der Toscana wird diese Kunst des Fahnenschwenkens und -werfens gepflegt.
Tradition wird hier ernst genommen
Die restlichen Stunden nach dem beeindruckenden Auftritt der Trommler und Fahnenschwenker werden für einige Begrüßungsreden und einem "Brindisi", also ein gemeinsamer Toast mit Prosecco, genutzt.
Massimo und Alessandro begrüßen die Gäste
Massimo hat mein leeres Glas gesehen
Alessandro, Ringo und Massimo bei Einschenken
Ansonsten schlendern wir zwischen den unzähligen 500ern herum. Ich unterhalte mich mit einem Ehepaar, das mit einem Topolino gekommen ist. Dann entdecke ich eine absolute Seltenheit: Einen Pick-Up. Ehrlich gesagt, hatte ich ihn zunächst für eine moderne Variante gehalten aber Alberto erklärt mir, davon gäbe es nur 45 Stück.
Um 12:30 fahren wir mit dem Getöse, an das ich mich gewöhnt habe, zum Restaurant, um zu Mittag zu essen. Ich werde in eine Bianchina aufgenommen und bewundere die meisterhaften Schaltvorgänge mit Zwischengas, manchmal doppelt, die die Fahrerin ganz nebenbei macht.
Im Restaurant werden dann die Preise im Rahmen einer Tombola verlost, darunter die Gutscheine von Axel Gerstl: Vincenzo Giordano und Alberto Nardo di Maio, den ich noch aus Florenz kenne und der mich auf den Pick-Up aufmerksam gemacht hat, gewinnen je 50,- Euro.
Gewinner Alberto Nardo di Maio
Dazu kommen noch weitere 4 Gutscheine zu jeweils 25,- Euro. Die Einnahmen aus der Tombola werden gespendet: Ein Teil an die Organisation MAIC und der andere an die Band der "Compagnia dell'orso", die die traditionelle Fahnenshow vorgeführt hat. Alles in allem sind es schon ausführliche Mittagessen: Aldo und seine Frau fahren mich um 17:00 ins Hotel zurück. Am Abend gibt es noch ein kleines, familiäres Pizzaessen. Da Massimo aus Caserta kommt, bin ich sicher, dass die Pizza sein wird, wie sie gehört. Letztlich sind wir aber alle müde und begeben und um 21:30 nach Hause. Leider stecke ich mich vermutlich im Zug auf der Rückreise mit Covid-19 an und darf erstmal die Wohnung nicht verlassen.